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Medizin im Klimawandel - Ärztinnen und Ärzte sollten Vorbild sein

 

Die Klimakrise darf die Medizin nicht kalt lassen. Denn allein der Gesundheitsbereich verursacht jährlich 5,2 Prozent des bundesweiten CO2-Ausstoßes. Und Ärzte können wichtige Multiplikatoren für Politiker und auch für ihre Patienten sein. Doch was müssen sie dafür tun?

 

Dass Mediziner hier in der Verantwortung stehen , ist sogar in der Berufsordnung verankert. Dort heißt es: „Aufgabe der Ärztinnen und Ärzte ist es, das Leben zu erhalten, die Gesundheit zu schützen und wiederherzustellen, Leiden zu lindern, Sterbenden Beistand zu leisten und an der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen im Hinblick auf ihre Bedeutung für die Gesundheit der Menschen mitzuwirken.“

 

Zweifelsohne haben Klimaveränderungen massive Auswirkungen auf die Gesundheit insbesondere auch von Kindern, sagt die in Klimafragen versierte hausärztliche Internistin Dr. Susanne Balzer. In Patientengesprächen könne man auch viel erreichen, wenn man dem Einzelnen klar mache, dass der eigene Gesundheitsnutzen ganz eng mit Klimaschutz verwoben sei. Die Patienten müssten hierfür jedoch positiv sensibilisiert werden und die Ärzte selbst mit gutem Beispiel vorangehen.

 

Denn die Praxen sind ein Spiegel der Gesellschaft, jedoch noch längst  keine Vorreiter, was das Bewusstsein für Klimaschutz betrifft. Nach den Ergebnissen einer Umfrage vom Hitzeaktionsplan in Köln aus dem Jahr 2023 beraten lediglich fünf bis zehn Prozent der Teilnehmenden ihre Patienten aktiv, etwa zu Medikamentenanpassungen. Nur wenige bringen das Problem Hitze als Gesundheitsgefährdung überhaupt zur Sprache.

 

Dabei ist es längst überfällig, die medizinische Therapie dem Klimawandel anzupassen. Ein Weg besteht für Dr. Robin Maitra, Klimabeauftragter der Ärztekammer Baden-Württemberg, darin, sich mittels einer Warnwetter-App über extreme Hitzeereignisse rechtzeitig informieren zu lassen, daraufhin hitzegefährdete Patienten herauszufiltern und dann deren Arzneimittelstatus zu überprüfen und zu verändern.

 

Dazu kämen Maßnahmen des Praxis-Managements wie die Nutzung nachhaltiger Verbrauchsmaterialien, die Umstellung auf digitale Dokumentation und Kommunikation, die Prüfung baulicher Veränderungen sowie die Reduktion fossiler Verkehre für Personal wie Patienten. Hinzu kommen Maßnahmen, die auch die Patienten selbst umsetzen können: Umstellung auf Ökostrom, Wechsel zu einer nachhaltigen Bank, Nutzung von E- oder Hybrid-Autos oder auch die Müllreduktion oder die strikte Müllselektion: „Es ist Aufwand, aber es lohnt sich langfristig“ ermutigt  Maitra all seine – noch skeptischen – Kolleginnen und Kollegen.

 

Da solche Beratungen als Folge des Klimawandels immer größere Bedeutung erlangen, benötigen sie zugleich auch mehr Zeit und einen höheren Aufwand. So fordert der Hausärztinnen- und Hausärzteverband eine Vergütung für eine klimasensible Beratung. Konkret sollte zum Beispiel eine Honorar-Ziffer für die Beratung zum Hitzeschutz eingeführt werden. In Baden-Württemberg ist das für Ärzte und Patienten, die sich im Hausarztvertrag der AOK Baden-Württemberg eingeschrieben haben, bereits der Fall. Dort wird eine Beratung, in der die Zusammenhänge zwischen dem Klimawandel und der Gesundheit erläutert werden, mit einem Zuschlag von acht Euro auf die Chroniker-Pauschale vergütet. Das hat dazu geführt, dass dort bereits 2.000 Ärztinnen und Ärzte in klimarelevanter Beratung geschult wurden.

 

Dieser kleine Anreize könnte Vorbild dafür sein, eine solche Vergütung  auch bundesweit für alle Kassenpatienten zu erstatten. - Dies käme insbesondere den Risikopatientinnen und Risikopatienten – gerade Kindern und älteren Patienten – zugute. Dafür müssen aber noch mehr politische Akteure ins Boot geholt werden. Eine Aufgabe, der sich eigentlich jeder Arzt zu eigen machen sollte, der damit dann auch seiner Vorbildfunktion in voller Weise gerecht werden würde.