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Corona-Folgen bei Kindern –langanhaltend und gravierend

Die Corona-Pandemie scheint weitgehend überstanden zu sein. Dennoch leiden immer noch viele junge Menschen an den Folgen des Lockdowns. Es zeichnet sich zunehmend ab, dass diese Auswirkungen gravierend sind und noch lange andauern werden.

Zum Beispiel in Bezug auf die psychischen Folgen der Pandemie für Kinder Eine neue Studie des Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) beschreibt nun erstmals auf einer breiten europäischen Datenbasis, dass coronabedingte Schließungen speziell Depressionssymptome bei Kindern und Jugendlichen befördert haben. In einem europaweiten Vergleich wurden hierzu 22 Studien mit Daten vor und nach der Pandemie in einer systematischen Metastudie analysiert. Die Auswertung der Studie zeigt: Je strikter die Eindämmungsmaßnahmen in Gestalt von Schulschließungen waren, umso größer war die Zunahme von generellen Depressionssymptomen. Junge Menschen wiesen während der Schulschließungen zu 75 Prozent häufiger generelle Depressionssymptome auf als vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Im Vergleich erhöhte sich die Häufigkeit für derartige Symptome im Zeitraum ohne Schulschließungen nur um 27 Prozent. Vor allem bei männlichen Jugendlichen im Alter zwischen 16 und 19 Jahren ist ein deutlicher Anstieg belegbar. Bei der Auswertung klinisch relevanter Depressionsraten hat sich ebenfalls ein Anstieg – hier jedoch besonders bei Mädchen – herausgestellt.

Auch die zunehmend verbreitete Adipositas kann erheblich die psychische Balance betroffener Kinder ins Wanken bringen. „Diskriminierung und Mobbing wegen ihres Körpergewichts gehören für viele von ihnen zum Alltag“, stellt Aileen Könitz, Ärztin und Expertin für psychiatrische Fragen bei der KKH Kaufmännische Krankenkasse zunehmend fest. Dies können auch zu psychischen Erkrankungen wie Ängsten oder eben auch einer Depression führen.

Besorgniserregend ist dabei, dass die Anzahl der Kinder und Jugendlichen mit Adipositas nach jüngsten Daten der KKH weiter anwächst. Fachleute sehen dabei eindeutige Zusammenhänge mit den Lockdowns in der Corona-Pandemie.

Nach den Ergebnissen der anonymisierten Daten der 1,6 Millionen Versicherten bei der KKH ist die Zahl der Adipositas-Fälle allein vom Vor-Corona-Jahr 2019 bis 2021 bei den 6- bis 18-Jährigen um fast 11 Prozent gestiegen. Bei 15- bis 18-jährigen Jungen sogar um 18,7 Prozent und bei den gleichaltrigen Mädchen um gut 12,0 Prozent. Laut einer Untersuchung im Kölner Raum hat Übergewicht von Kindern und Jugendlichen vor allem in sozialen Brennpunkten zugenommen, in wirtschaftlich starken Stadtteilen ist die Rate dagegen gleichgeblieben. Insgesamt erhielten mehr als 11.500 KKH-Versicherte bis 18 Jahre die ärztliche Diagnose Adipositas und damit jeder 16. Junge und jedes 18. Mädchen.

Der Grund für die Entwicklung: Homeschooling mit stundenlangem Sitzen vor dem PC, fehlender Sportunterricht, kaum Treffen mit Freunden, geschlossene Sportstätten. Die Pandemie hat das Leben vieler Kinder und Jugendlicher aus dem Lot gebracht und Inaktivität gefördert“, analysiert Aileen Könitz klipp und klar diesen besorgniserregenden Trend. „Das war ein Einfallstor für Ersatzhandlungen, um Frust, Stress und Einsamkeitsgefühle zu kompensieren.“ Manch einem half da der Griff zu Dickmachern wie zuckerhaltigen Softdrinks, Schokolade oder Chips, die für „Glücksempfinden“ sorgen. Andere hockten in ihrer Freizeit über Stunden nahezu bewegungslos chattend und spielend vor dem PC. Und diese Trends scheinen noch längst nicht gestoppt zu sein.

Einziger Ausweg hierfür: ambulante Therapieangebote und stationäre Therapieplätze müssen jetzt genauso ausgebaut werden wie Familienberatungen oder die Schulsozialarbeit. Gerade in diesen Bereichen drohen aber aufgrund finanzieller und personeller Engpässe einschneidende Kürzungen. Genau diese müssen aber vermieden werden. Sonst droht auch hier ein Doppel-Wumms – nur in die völlig falsche Richtung!